Aufgrund eines Patentaustauschabkommens mit General Electric wird der von Rice und Kellogg 1923/24 in den USA entwickelte Lautsprecher in Deutschland durch die AEG zum Patent angemeldet und ab 1927 vermarktet. Als sogenanntes Kombinationspatent [Hatschek in: Elektroton 1 1935] ist die zur Patenterteilung nötige Innovationshöhe zunächst umstritten, da im Grunde lediglich längst bekannte Elemente zusammengefügt wurden, zum Beispiel der bereits 1877 von Werner Siemens in einem Patent [DRP 2355] beschriebene elektrodynamische Schwingspulenantrieb oder die Schallwand zur Vermeidung des akustischen Kurzschlusses, die als „Tonverstärker“ für Musikinstrumente 1915 von Walther Burstyn vorgeschlagen worden war [Patent DRP 289385].
Im Frühjahr 1927 ist der elektrodynamische Konuslautsprecher nach Rice und Kellogg auf der Leipziger Messe zu hören. Dieser „Lautsprecher von überragender Qualität“ ist eingebaut im elektrischen Schallplattenspieler »Polyfar«, der von der AEG für den Grammophon-Konzern (Polyphonwerke und Deutsche Grammophon) fabriziert werde und baugleich sei mit General Electrics »Panatrope«-Gerät [Norden in: ETZ 9 1927, 262]. Zudem wird der Rice-Kellogg-Lautsprecher im September auf der Berliner Funkausstellung von der AEG unter der Bezeichnung »Geaphon« präsentiert. Als „Hallen-Lautsprecher“ schließe er die Lücke zwischen Riesen- und Heimlautsprechern [AEG-Mitteilungen 11 1927, 447f.].
Besprechung des AEG-Patents in der Rubrik „Patentschau“ der Akustischen Zeitschrift 1936
„Von der Anmeldung dieses Patentes bis zur Erteilung sind zwölf Jahre vergangen. Ein Zeichen dafür, daß um dieses Patent (Rice-Kellogg-Lautsprecher) hart gekämpft wurde, was in Anbetracht seiner Bedeutung nicht verwunderlich ist. Das Patent enthält die grundlegenden Bedingungen für den Aufbau eines Lautsprechers mit Schallwand, der auch tiefe Frequenzen mit genügender Leistung abstrahlt. Von den insgesamt 15 Ansprüchen sei hier der erste wörtlich wiedergegeben. Patentanspruch:
1. Trichterloser Lautsprecher mit Schallwand dadurch gekennzeichnet, daß eine nicht ebene, vorzugsweise konische, durch allseitig nachgiebige Halterung auf eine unterhalb der niedrigsten wesentlichen Sprachfrequenzen (etwa 100 Hz) liegende abgestimmte Membran an oder nahe der Schallwand angeordnet und diese so bemessen ist, daß der akustische Kurzschluß der abzustrahlenden tiefen Frequenzen vermieden ist.
2.-14. Die weiteren Ansprüche enthalten noch besondere Ausführungsformen, wie Halterung der Membran in Gummi oder Tuch, günstigster Konuswinkel u. ä.“ (Rubrik „Patentschau“, in: [AZ 1 1936, 47])
Offenbar auf eine Anfrage zur Einführung des Rice-Kellogg-Lautsprechers auf dem deutschen Markt reagierend, schreibt das Patent-Büro der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft am 16.6.1937 an die Patentabteilung Telefunkens:
„Betrifft: Rice-Kellog-Lautsprecher. [sic]
Unsere Ermittlungen darüber, wann Rice-Kellog-Lautsprecher [sic] erstmalig für sich oder in Plattenspielgeräte eingebaut auf den Markt gekommen sind, haben folgendes ergeben:
Im Jahre 1927 ist in der Bürger-Ressource zu Elbing durch Herrn Dipl.-Ing. Geuter im Beisein von Herrn Romeikat, AEG-Königsberg, ein Vortrag über den Rice-Kellog-Lautsprecher (Geaphon-Lautsprecher) gehalten worden. Nähere Unterlagen waren von unserem Büro Elbing leider nicht zu erhalten.
Unsere Ermittlungen haben ferner ergeben, dass der Rice-Kellog-Lautsprecher erstmalig auf der Funkausstellung 1927 auf dem AEG-Stand ausgestellt war. Eine kurze Notiz hierüber befindet sich in den AEG-Mitteilungen vom November 1927, Heft 11, S. 447 […].
Schliesslich machen wir noch auf das ‚AEG-Hilfsbuch für den Rundfunkhändler‘ aufmerksam. Dort ist in dem Kapitel über Lautsprecher unter dem Jahre 1927 von dem erstmaligen Erscheinen elektrodynamischer Lautsprecher von Rice-Kellog [sic] die Rede.
Der Vollständigkeit halber verweisen wir noch auf den ‚Funktechnischen Vorwärts‘ vom Jahre 1937. Dort ist in Heft 3 vom 15.2. auf Seite 75 und 76 ein Aufsatz über die Entwicklung des Lautsprecherbaues enthalten.
Mit weiteren Angaben können wir Ihnen leider nicht mehr dienen, da in unserer Vertriebsabteilung keine Unterlagen mehr zu finden sind.“ [Archiv DTMB, GS5190]
Als Anlage sind diesem Schreiben Kopien der Seiten 447 und 448 der AEG-Mitteilungen, Nr. 11, 1927, beigefügt:
„Große Deutsche Funk-Ausstellung, Berlin, 2. bis 11. September 1927.“
„Vieles Neuartige zeigte die AEG auf dem Gebiete der Lautsprecher. Allgemeine Beachtung fand der billige Lautsprecher ‚Clamo‘, dessen Preis etwa dem eines Paares Kopfhörer entspricht. Der neue AEG-Heim-Lautsprecher ‚Geola‘, beruhend auf elektrostatischem Prinzip, zeichnet sich durch hervorragende Präzision der Musik- und Sprachwiedergabe aus. Er ist besonders für den Ortsempfänger ‚Geatron‘ entworfen, kann aber als Qualitäts-Lautsprecher auch für Geräte anderer Herkunft mit Widerstands-Verstärkung Verwendung finden. Der Hallen-Lautsprecher ‚Geaphon‘, ein Groß-Lautsprecher von hervorragenden Eigenschaften, wird die Lücke zwischen Riesen-Lautsprechern für öffentliche Plätze und Heim-Lautsprechern ausfüllen. Sein Klangvolumen ist den akustischen Ansprüchen größerer Vortragssäle, Konzerthallen, Kinotheater, Hoteldielen und dergl. angepaßt, so daß er eine Musikkapelle ersetzt und ein großes Auditorium unterhalten kann. Selbst bei größter Lautstärke werden Sprache und Musik in bisher unerreichter Schärfe wiedergegeben.“
Weitere Informationen: Rice und Kellogg: elektrodynamischer Lautsprecher mit Konusmembran