Aus einer Werbeschrift Telefunkens:
„Monatelange Versuche auf unserer Großlautsprecher-Versuchsstätte in Groß-Ziethen bei Berlin hatten ergeben, daß eine einwandfreie Besprechung großer und größter Freiflächen mit Sicherheit nur durch eine verteilte Anordnung der Lautsprecher möglich ist. Die gewonnenen Erkenntnisse werteten wir aus zu einer neuen Art Lautsprecheraufstellung sowie zur Konstruktion neuer Schallverteiler: der sogenannten Rundstrahler oder Pilzlautsprecher.
Die neuen Geräte und die neue Art der Aufstellung wurden zum erstenmal am Nationalfeiertag des deutschen Volkes 1934 auf dem Tempelhofer Feld und im Lustgarten angewendet.“
„Auf dem Tempelhofer Feld gelang es, auf jedem Quadratmeter der 800×500 m großen Fläche eine gute und mühelose Verständlichkeit jedes einzelnen Wortes sicherzustellen. Im Gegensatz zu früher trat kein störendes Echo auf, war kein unangenehmes Doppelsprechen zu hören. Die Verständlichkeit war stets von den augenblicklich herrschenden Windverhältnissen vollkommen unabhängig und immer gleichmäßig gut. Ein fast noch größerer Erfolg war im Lustgarten zu verzeichnen. Dieser akustisch so ungünstige Platz wurde mit Hilfe der Pilzlautsprecher überhaupt das erste Mal einwandfrei besprochen. Während bisher eine wirkliche Verständlichkeit lediglich in der Nähe der Lautsprecher möglich war, wurde diesmal jedes Wort bis in den letzten Winkel verstanden.
Trotz dieser unbestrittenen Erfolge sind von verschiedenen Seiten die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der verteilten Lautsprecheranordnung bezweifelt worden. Man wollte die physikalisch unhaltbare Methode der akustischen Berieselung benutzen. Zentral aufgestellte große Lautsprecher sollten unter einem gewissen Winkel nach oben gerichtet werden und die zu besprechenden Flächen nach Art einer Regenanlage mit Schall versorgen. Die Lautsprecher direkt auf das zu besprechende Gelände zu richten, wurde wegen der Echogefahr nicht gewagt. Jeder Physiker, dem die Gesetze der Schallausbreitung bekannt sind, wird sofort sagen, daß in dieser Weise eine Schallversorgung nur unter ganz merkwürdigen atmosphärischen Verhältnissen möglich ist.
Lange hat man sich so gegen die Einführung der richtigen Art der Besprechung durch verteilte Lautsprecher gesträubt. Um so erfreulicher ist die Tatsache, daß jetzt auch andere Stellen dazu übergegangen sind, Rundstrahler, also Pilz- und Ampellautsprecher zu benutzen, und sich die von uns seinerzeit geäußerten Gedankengänge über den Bau von Lautsprecheranlagen bei akustisch ungünstigen Verhältnissen zu eigen zu machen.
Die physikalischen Grundlagen des Baues von Lautsprecheranlagen für große Freiflächen sind so wichtig und interessant, daß wir sie hier nochmals kurz zusammenfassen. Es gibt zwei Möglichkeiten, eine große Fläche zu besprechen.
1. Die zentrale Aufstellung der Lautsprecher.
Auf einem oder mehreren Türmen werden große Lautsprecher, z. B. unsere 70- oder 150-Watt-Lautsprecher Riesenkraft I und Riesenkraft II, aufgestellt und je nach der Art des zu besprechenden Geländes mit Trichtern in Form von Breitstrahlern oder Tiefstrahlern versehen.
Der Vorteil dieser Aufstellungsart besteht darin, daß man weniger Kabel zu verlegen braucht als bei verteilter Anordnung. Aufgehoben wird dieser Vorteil teilweise wieder dadurch, daß die Türme mit den großen Trichtern ziemlich stabil gebaut sein müssen und deshalb teuer sind. Diesem geringen Vorteil stehen aber große Nachteile gegenüber. Die Ausbreitung des Schalles ist bekanntlich von den Wind- und Temperaturverhältnissen der Luft sehr stark abhängig, d. h. eine ungünstige Verteilung der Temperatur oder ein nicht einmal starker Wind können es unmöglich machen, den Platz in einwandfreier Weise zu besprechen.
Überhaupt ist mit der zentralen Aufstellung der Lautsprecher ein so großer Unsicherheitsfaktor verbunden, daß man sie nur dann wählen sollte, wenn die Entfernung zwischen den Lautsprechern und den am weitesten entfernten Zuhörern 150 m nicht überschreitet bzw. wenn mit jedem Pfennig gerechnet werden muß und wenn es wenig ausmacht, daß ein Teil der Zuhörer die Übertragung nicht mühelos verfolgen kann. Das nachstehende Bild gibt einen guten Einblick in diese Verhältnisse.
2. Die verteilte Lautsprecheranordnung.
Durch die Versuche in Groß-Ziethen waren die Nachteile der zentralen Aufstellung festgestellt worden. Man erkannte bald, daß es besser ist, Lautsprecher gleichmäßig über das gesamte Feld zu verteilen. Nur dürfen dazu keine normalen Lautsprecher mit Trichtern oder Schallbrettern benutzt werden, sondern Schallverteiler, die den Schall nach allen Seiten gleichmäßig etwas nach unten gerichtet abstrahlen, sogenannte Rundstrahler. Rundstrahler werden heute in Pilz- und Ampelform gebaut.
Nach den Erfahrungen mit verteilten Richtstrahlern könnte man annehmen, daß hier ein, wenn auch gemindertes, Doppelsprechen eintreten muß. Die Praxis hat aber gezeigt, daß das nicht der Fall ist. Man kann sich an jedem beliebigen Platz zwischen den Lautsprechern aufhalten und wird doch immer nur einen Lautsprecher hören. Dieses gänzliche Fehlen des Doppelsprechens bei richtiger Aufstellung scheint nicht nur physikalische Ursachen zu haben, (gleichmäßige Verteilung des Schalles, geringer Wegunterschied von den noch hörbaren Schallquellen), sondern auch physiologische und psychologische.
Die größte Entfernung, die, ohne ein Doppelsprechen befürchten zu müssen, zwischen zwei Lautsprechern gewählt werden kann, beträgt etwa 60 m. Da sich bei dieser Entfernung niemals ungünstige Wind- und Temperaturverhältnisse bemerkbar machen, ist man also durch die gleichmäßig verteilte Aufstellung von Wind und Wetter vollkommen unabhängig. Auch bei sehr starkem Wind ist die einwandfreie Verständlichkeit noch unbedingt sichergestellt. Natürlich sind auch kleinere Abstände ohne weiteres zulässig. Sie sind notwendig, wenn mit einem größeren Störpegel zu rechnen ist.
Wie schon gesagt, sind für die verteilte Aufstellung Lautsprecher mit ihrer einseitigen Richtwirkung nicht brauchbar. Man muß Lautsprecher benutzen, die den Schall gleichmäßig nach allen Seiten abstrahlen. Deshalb führte die Wahl der verteilten Aufstellung von Lautsprechern von selbst zur Konstruktion der Pilzlautsprecher, die wir bereits in Heft 10 (1934) beschrieben haben.
Nun noch zur Kostenfrage. Die Praxis hat gezeigt, daß im Preise kein ausschlaggebender Unterschied besteht, daß aber bei größeren Anlagen die Vorteile der verteilten Aufstellung der Lautsprecher, vor allem die bessere Verständlichkeit und die vollständige Unabhängigkeit von den Windverhältnissen, den in manchen Fällen etwas höheren Preis vielfach aufwiegen. Fo.“ [Fo. in: Telefunken Nachrichten 4 1935]
Siehe auch: Elektroakustisches Engagement für die Nationalsozialisten.