„Großlautsprecher-Übertragungstechnik auf neuen Wegen“
„Galt es am 1. Mai 1934 den 2 Millionen auf dem Tempelhofer Feld versammelten Volksgenossen die lange Aufmarschzeit mit Musik zu verkürzen und anschließend die verschiedenen Ansprachen einwandfrei zu übermitteln, so wurde die Aufgabe für die Telefunken-Techniker auf dem Reichsparteitag 1934 schon schwieriger. Dort erfolgte die Übertragung nicht mehr allein von der Rednerkanzel aus, sondern auch von einzelnen Stellen der Zeppelinwiese her. Arbeitsmänner ließen Sprechchöre ertönen und die Reichswehr führte Schauübungen vor. Alle Einzelheiten dieser Darbietungen mußten eindrucksvoll übertragen werden und erforderten von der Lautsprecheranlage große Anpassungsfähigkeit.
An Vielseitigkeit ist aber die Großlautsprecheranlage, die am 17. März 1935 anläßlich des Heldengedenktages in der Berliner Innenstadt errichtet wurde, noch nicht überboten worden. Das mit Schall zu versorgende Gebiet war hier keine freie Fläche, sondern umfaßte zwei Straßenzüge und einen Platz. Die äußerste Ausdehnung betrug mehr als 1500 m. Der Schauplatz der Feier war die Straße Unter den Linden und der Lustgarten. Die Feierlichkeiten begannen in der Staatsoper Unter den Linden, wurden im Lustgarten fortgesetzt und vor dem Ehrenmal beendet. Die Uebertragung war also von einem Mikrophon aus nicht möglich. Alle Vorgänge mußten den wartenden Volksgenossen, die die Straßen säumten und auch in der Wilhelmstraße sich versammelt hatten, im einzelnen durch Lautsprecher übermittelt werden. Die feierlichen Augenblicke der Heldenehrung erforderten, daß gewisse Lautsprechergruppen in der Umgebung des Ehrenmals und im Lustgarten zeitweilig abgeschaltet werden mußten. Nicht zuletzt mußten verschiedene Teile der Lautsprecheranlage zeitweise auch der Polizei zu Verkehrsregelung zur Verfügung stehen.
Die Vielseitigkeit der Aufgaben erforderte auch einen besonderen technischen Einsatz. 45 Telefunken-Pilze und 10 Lautsprecher mit Kurztrichtern wurden über den Lustgarten, die Straße Unter den Linden und einen Teil der Wilhelmstraße verteilt und in einzelnen Gruppen zu 4 Betriebsstationen geleitet. Hiervon waren eine im Schloß, eine in den Kellerräumen der Universität und zwei fahrbare Betriebsstationen in der Wilhelmstraße eingerichtet. Die Betriebsstationen waren untereinander über eine Fernsprechleitung verbunden und erhielten die Sprechströme von der Hauptzentrale, die die Telefunken-Ingenieure in einem Stockwerk der Universität eingerichtet hatten. Eine so weitverzweigte Anlage und die Art der Feierlichkeit erforderten aber den Einsatz des modernsten Verkehrsmittels, des tragbaren KW-Senders. Wie ein Regisseur hinter der Bühne, so konnte der betriebsleitende Telefunken-Ingenieur alle Beobachtungen und erforderlichen Maßnahmen der Hauptzentrale über kurze Wellen mitteilen, von wo aus dann über die Fernsprechleitungen Anweisungen an die Betriebsstationen erfolgten. Das Ein- und Ausschalten von Lautsprechergruppen, das Dämpfen oder Verstärken der Uebertragung [sic], konnte auf diese Weise, je nachdem wie es der Augenblick erforderte, sofort vorgenommen werden. Die Betriebsstation im Schloß und auch die beiden fahrbaren Betriebsstationen in der Wilhelmstraße waren mit Mikrophonen ausgerüstet, über die der gestauten Menge von der Polizei Anweisungen gegeben wurden, wenn das Gedränge gar zu groß wurde oder für die marschierenden Truppenteile Platz gemacht werden mußte.
Die vielseitigen Aufgaben, die von der Großlautsprecheranlage gefordert wurden, konnten alle gelöst werden. Es hat sich vor allem gezeigt, daß es möglich ist, auch unter schwierigen Voraussetzungen dem weit entfernten Zuschauer Eindrücke zu vermitteln, als wenn er unmittelbar an den Geschehnissen teilgenommen hätte.“ [anonym in: Radio-Händler 7 1935, 326]