„Musik aus der Erde!“
„Ein Bodenlautsprecher, der im Freigelände dort am Platz ist, wo die Umstände das Aufstellen der Lautsprecher verbieten. Werkaufnahme Telefunken.“
Bei der Konstruktion des Bodenlautsprechers, erstmals eingesetzt beim Deutschen Turn- und Sportfest in Breslau vom 23. bis 31. Juli 1938, steht der Aspekt der Sichtbarkeit im Vordergrund. Wie Gullydeckel in die Erde eingelassen, ansonsten wie Pilzlautsprecher in 50-Meter-Abständen auf den zu beschallenden Feldern verteilt, sollen diese Lautsprecher den Blicken der Zuschauer entzogen werden, um das Bild bei „rhythmisch stark bewegten Übungen“ nicht zu stören [Fo. in: Telefunken Nachrichten 1938], wozu beispielsweise auch die elektroakustisch choreographierten Massenaufmärsche zählen.
Telefunkens neu Bodenlautsprecher erstmals beim Turn- und Sportfest Breslau im Juli 1938
„Auf dem Deutschen Turn- und Sportfest in Breslau vom 23. bis 31. Juli 1938 wird ein neuer Lautsprecher zum ersten Male benutzt, der dazu berufen erscheint, in den nächsten Jahren eine sehr wichtige Rolle in der Elektro-Akustik zu spielen.
Dieser neue Lautsprecher, der sogenannte Bodenlautsprecher, ist ein Rundstrahler und dient zur Schallversorgung von Freiflächen, ähnlich wie die bekannten Pilze und Ampeln. Diesen gegenüber zeichnet er sich aber dadurch aus, daß er nicht auf einem Markt aufgestellt oder aufgehängt wird, sondern daß man ihn in die Erde einläßt. Dadurch wird erreicht, daß auf dem mit Schall zu versorgenden Feld keine hinderlichen Maste aufzustellen sind und daß die Lautsprecher den Blicken der Zuschauer entzogen werden. Wie wichtig dies bei vielen Veranstaltungen ist, hat sich auf dem Breslauer Turnfest sehr deutlich erwiesen. Während früher die Maste der Pilze und Ampeln sehr oft im Wege standen, läßt der Bodenlautsprecher dem Turner bei seinen Vorführungen volle Freiheit in der Bewegung. Früher kam es auch manchmal vor, daß die sichtbaren Lautsprecher bei rhythmisch stark bewegten Übungen das Bild störten. Auch das kann natürlich beim Bodenlautsprecher nicht eintreten, weil er für die Zuschauer unsichtbar bleibt.
Der Bodenlautsprecher besteht aus zwei Teilen, die aus besonders widerstandsfähigem Siluminleichtguß hergestellt sind:
- Einem leicht gewölbten Oberteil, der als Deckel ausgebildet ist und auf seiner Unterseite einen Streukegel besitzt. Durch die Leitflächen dieses Streukegels wird eine kreisförmige Abstrahlung des Schalles erreicht. Zwei gleichfalls auf der Unterseite angeordnete zylinderförmige Gazesiebe halten mit Sicherheit Regen- oder Spritzwasser vom Lautsprecherchassis fern. Der Deckel ist durchbrochen, um dem Schall freien Austritt zu gewähren, dabei aber so fest, daß er bequem das Gewicht von sechs erwachsenen Menschen trägt.
- Einen kreisförmigen Unterteil, an dessen Unterseite das Lautsprecherchassis angebaut ist. Dieses Chassis ist so montiert, daß die Membran den Schall nach oben abstrahlt. Vom Anpassungsüberträger des Lautsprechers führt ein kurzes Lautsprecherkabel an einen wasserdichten Stecker.
Die Grube für den Bodenlautsprecher muß betoniert sein. Am zweckmäßigsten wird ein fertiges Betonrohr verwendet, das in die Erde eingelassen wird und dazu dient, den Lautsprecher zu tragen und gegen nachfallende Erde, Eindringen von Wasser usw. zu schützen. Für den Abfluß des Wassers brauchen im allgemeinen keine besonderen Vorkehrungen getroffen zu werden. Nur wenn der Einbau der Lautsprecher in undurchlässige Lehmschichten erfolgt, muß ein Abflußrohr oder eine Sickergrube vorgesehen werden.
Bei der Projektierung kann man fast genau so vorgehen wie bei Pilzen oder Ampeln. Die Lautsprecher sind gleichmäßig über das zu besprechende Feld zu verteilen, wobei die größte Entfernung zwischen zwei Bodenlautsprechern etwa 50 m betragen darf. Ist die Aufstellung der Personen auf dem zu besprechenden Gelände locker, wie z. B. bei turnerischen Vorführungen, genügen zur Bestückung des Bodenlautsprechers 10-Watt-Chassis. Muß dagegen mit einer dichtgedrängten Aufstellung (Aufmärsche, Versammlungen u. dgl.) gerechnet werden, so empfiehlt es sich, 20-Watt-Lautsprecher zu benutzen. Auch ist es in diesem Fall vorteilhaft, Gassen in der Menschenmenge freizuhalten und die Lautsprecher in die Kreuzungspunkte solcher Gassen zu stellen. Dadurch wird erreicht, daß der Schall Gelegenheit hat, sich richtig auszubreiten. Beim An- und Abmarsch können dagegen die Lautsprecher ohne weiteres betreten werden.
Mit der Benutzung für Aufmärsche, Sport- und Turnfeste sind aber die Verwendungsmöglichkeiten der Bodenlautsprecher noch lange nicht erschöpft. Man wird sie an Stelle der bisher bekannten Rundstrahler benutzen, z. B. auf einem Fabrikhof, in einer Einfahrt oder auf einem Stadtplatz, wenn der Mast einer Ampel oder eines Pilzes den Verkehr behindern würde, oder aber in Anlagen, Gärten, vor Monumentalbauten u. dgl., wo sichtbare Lautsprecher den Eindruck beeinträchtigen könnten. Fo.“ [Fo. in: Telefunken Nachrichten 1938]
„Turnkommandos durch Bodenlautsprecher“
„Die Technik der Versorgung großer Plätze mit echofreien Lautsprecheranlagen ist in Deutschland in wahrhaft vorbildlicher Weise entwickelt worden. Die großen politischen Aufmärsche und die Olympischen Spiele 1936 waren Prüfsteine dieser modernen Technik, bei der Pilzlautsprecher der verschiedensten Ausführung sich ausgezeichnet bewährten. Im kommenden Jahr steht nun auch die Tschechoslowakei vor einer ähnlichen Aufgabe anläßlich des Sokolkongresses, und die Uebertragungstechnik soll auch hier eingesetzt werden, um Massenaufmärsche und Massenvorführungen zu dirigieren. Für die großen Turnübungen will man dabei einen neuen Weg beschreiten, und zwar sollen die Lautsprecher nicht weithin hörbar sein, sondern nur für die an den Uebungen Beteiligten. Aus diesem Grunde will man das Turnfeld nicht mit Pilzlautsprechern bestellen, sondern mit einem Netz von Bodenlautsprechern beziehen, also Lautsprechern, die in den Boden eingelassen sind und dadurch die freie Sicht über das ganze Sportfeld nicht behindern. Durch entsprechende Schaltung der verschiedensten Lautsprecheranlagen kann man es dann so einrichten, daß die Befehlsübermittlung an die Turner von den Zuschauern kaum wahrgenommen werden kann.“ [Spandauer Zeitung 23.12.1937]