In Ihrer Firmenzeitschrift „Nachrichten aus der Elektro-Akustik“ berichtet Telefunken im Herbst 1935 über die Installation einer Beschallungsanlage für die Thingstätte »Heiliger Berg« bei Heidelberg. Während sich die Berichte seitens Telefunken bisher auf Beschallungsanlagen für politische Großveranstaltungen konzentrierten und der Fokus auf die elektroakustische Beherrschung großer Freiflächen gelegt wurde mit den Schwerpunkten ‚Echofreiheit‘, ‚Vermeidung sog. Doppelsprechens‘, ‚Sprachverständlichkeit‘, rückt nun ein psychoakustischer Aspekt in den Mittelpunkt, der bei den Beschallungen durch verteilt aufgestellte Rundstrahler (Pilzlautsprecher) beispielsweise auf dem Tempelhofer Feld oder bei den Reichsparteitagen keine Beachtung fand: Bei den künstlerischen Darbietungen der Thingspiele solle die akustische Perspektive mit der optischen weitestgehend übereinstimmen, die akustische Ortung der Darsteller nicht durch die Lautsprecherbeschallung verfälscht werden.
„Fest und sicher eingebettet in das Berggelände hoch über dem Neckar ruht der wunderbare Riesenbau des Heidelberger Thingplatzes, in seiner äußeren Form an ein antikes Theater erinnernd. […]
Bei unbesetztem Raum gibt jeder Hammerschlag und jedes Händeklatschen ein scharfes Echo. Dennoch reicht die menschliche Stimme allein nicht aus, um den ganzen Thingplatz, auf dem bis zu 16000 Menschen Platz finden können, verständlich mit Sprache zu füllen, geschweige denn die für ein Spiel erforderlichen wirksamen Schattierungen zu erzielen. Außerdem zeigte die Praxis, daß jede Wind- und Wetteränderung andere akustische Verhältnisse bringt, zu deren Meisterung eine wohl durchdachte, abgestimmte und elastische Speziallautsprecheranlage erforderlich ist. Diese wurde von Telefunken nach neuen, früher noch nirgends angewandten Gesichtspunkten errichtet. Proben und Spiel haben die Güte und Brauchbarkeit der Anlage bewiesen und die Richtigkeit der neuen in die Tat umgesetzten Überlegungen bestätigt.
Bei der riesigen Ausdehnung der Spielfläche mußte zunächst durch richtige Schallverteilung dafür gesorgt werden, daß die akustische Perspektive mit der optischen soweit wie möglich zusammenfällt. Es dürfen immer nur diejenigen Lautsprecher arbeiten, die dem Standort des jeweiligen Darstellers entsprechen. Spielt sich eine Szene vorn ab, so erfolgt die Schallverteilung nur durch die vorderen Lautsprecher, bei anderen Szenen durch die mittleren oder die hinten im Bühnenbau angebrachten Einheiten. Die Bilder auf der nächsten Seite lassen die Schallöffnungen, hinter denen sich die Weitstrahler befinden, erkennen. Ihr Streufeld ist der Steigung der Zuschauerringe angepaßt; ihre Lautstärke wird so geregelt, daß der Klang der natürlichen menschlichen Stimme nicht vergröbert wird, sondern erhalten bleibt, und jeder Zuhörer sich deshalb dicht am Darsteller zu befinden glaubt, auch wenn er in der obersten Reihe sitzt. Der Eindruck einer Lautsprecheranlage ist vollkommen verschwunden.
Damit alle Szenen ohne Begrenzung der Bewegungsfreiheit der Darsteller von den Mikrofonen erfaßt werden, sind in erprobten Abständen an 17 Stellen der Spielfläche Mikrofonanschlußstellen vorgesehen, an denen nach Bedarf Spezialkondensatormikrofone angeschlossen werden. Durch neue Formgebung bleiben sie fast unsichtbar. Welches Mikrofon eingeschaltet ist, wird dem Darsteller durch ein Leuchtzeichen vom Regieturm aus angezeigt. […]
Ernste Sorgen bereiteten zunächst die im Spiel vorkommenden Querschaltungen von Lautsprechern und Mikrofonen, da hierbei die bekannten Rückkopplungserscheinungen möglich sind. Diesem Problem ist man durch Einbau einer für den Heidelberger Platz abgestimmten Rückkopplungssperre entgegengetreten. […] Für die besonderen Bedürfnisse des Spiels wurde die Verstärkerleistung in acht Einheiten zu je 20 Watt und eine zu 150 Watt unterteilt. […]
Schallaufnahme, Schallwiedergabe, Regeleinrichtungen und Verstärker sind aufeinander abgestimmt, so daß die naturgetreue Wiedergabe gewährleistet ist. Die fachmännische Bedienung der Anlage während der Aufführungen der Reichsfestspielwochen erhärtete die sich immer mehr durchsetzende Erkenntnis, daß eine derartige technische Einrichtung nicht nur zur akustischen Verdeutlichung da ist, sondern auch als zusätzliches künstlerisches Werkzeug gehandhabt werden kann, um in Verbindung mit der Gesamtdarstellung dem eigenen Sprachstil des Things zum Durchbruch zu verhelfen. Dies war das beste Zeugnis für unsere Arbeit. Bi.“ [Bi. in: Telefunken Nachrichten 8 1935]