In einem Aufsatz im Funktechnischen Vorwärts von 1937 fast ein Dr. Benecke, Berlin, die Tendenz seit 1933 von Schallgroßanlagen hin zur verteilten Lautsprecheraufstellung knapp zusammen mit den Worten: "Bei den 100 gleichmäßig über das Feld verteilten Lautsprechern blieb es damals und blieb es bis heute."[1] In einem von Telefunken 1948 angemeldeten bundesdeutschen Patent schreibt ein Dr. Heinrich Benecke, nun Buckingham (Pa.), USA:
"Die Aufgabe, eine große Fläche durch Lautsprecher mit Musik oder Sprache zu beschallen, wie sie z. B. für Massenversammlungen auf freien Plätzen oder in großen Hallen auftritt, hat man bisher dadurch gelöst, daß entweder auf die Fläche eine Vielzahl von Lautsprechern verteilt wurde oder ein oder mehrere Großlautsprecher an einer Stelle aufgestellt wurden. Die zuerst erwähnte Lösung hat den Nachteil, daß sie eines großen Aufwandes bedarf, da es sich nicht nur um die Aufstellung der vielen Lautsprecher handelt, sondern außerdem um das Stromversorgungsnetz für diese Lautsprecher, das im allgemeinen unterirdisch verlegt werden muß. Dabei tritt dann noch die Schwierigkeit auf, daß dafür gesorgt werden muß, daß jeder Hörer nur von einem einzigen Lautsprecher versorgt wird. Die an zweiter Stelle genannte Lösung erfordert Großlautsprecher, die an sich schon den Nachteil haben, daß sie nur in kleinen Stückzahlen, also unwirtschaftlich, hergestellt werden. Außerdem haben solche Anlagen den erheblichen Nachteil, daß die unmittelbar vor dem Lautsprecher befindlichen Personen zu stark und die am weitesten entfernt befindlichen Personen zu schwach mit Schall versehen werden. […]
Die Erfindung bezieht sich auf eine zentralisierte Anlage und beseitigt alle Mängel, die derartigen Anlagen bisher anhafteten."[2]
Mit dieser patentierten "Anordnung zur zentralen breitbandigen Schallversorgung eines Luftraumes" kehrt Telefunken 1948 zurück zur zentralen bzw. zentralisierenden Beschallung, ermöglicht durch einen in dem Patent beschriebenen neuen Lautsprecher: die so genannte Schallzeile, die mit ihren speziellen Richteigenschaften denen des Siemens-Blatthallers in schmaler Ausführung aus den 1920er Jahren sehr nahe kommt. Der Pilzlautsprecher, der in seiner ersten Ausführungsform von 1934 bis zum Ende des NS-Regimes zahlreiche Werbebroschüren Telefunkens geziert hatte, wird als politisch symbolträchtiges, werbetechnisch nun kontraproduktives Relikt verschrottet und die mit ihm verbundene Strategie der verteilten Flächenbeschallung mit ihrem akustischen Charakteristikum einer omnipräsenten und lokalisationsunscharfen Rednerstimme wird diskreditiert.
1949 reicht auch Siemens & Halske beim bundesdeutschen Patentamt ein Patent zur Schallzeile ein,[3] das bei seiner Bewilligung 1951 den Adler tragen wird, den schon das Reichspatentamt um 1930 auf seine Patentschriften drucken ließ. Auch Siemens wird damit zurückkehren zur zentralen, das sprechende Individuum akustisch fokussierenden Beschallung, die der Elektrokonzern in der Weimarer Demokratie, 20 Jahre zuvor, bereits einmal favorisiert hatte.
1 | Benecke 1937: 611. |
2 | Patent De 934353, S. 1f. (2.10.1948); als Erfinder wird von Telefunken unter anderem H. Benecke genannt. |
3 | Patent De 812258 (29.5.1949). |